Meinung
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Zum Titelthema "Wolfsland", Heft 1/2024
Der Wolf ist zweifellos ein schönes und intelligentes Tier. Auch unser heimischer Fuchs ist ein schönes und schlaues Tier. Trotzdem wird er intensiv bejagt, um zum Beispiel Bodenbrütern wie Auerhuhn und Feldlerche eine Überlebenschance zu geben. Rehe und Hirsche sind liebenswerte Tiere und werden intensiv bejagt, um zum Beispiel den notwendigen Waldumbau nicht zu behindern. Der Jagdpächter hat für Schäden an landwirtschaftlichen Grundstücken durch Wildschweine aufzukommen und sie zu ersetzen, obwohl er die Populationssteigerung etwa durch verstärkten Maisanbau nicht verhindern kann. Warum gilt dann für den Wolf eine Ausnahme? Weil bisher der Steuerzahler die entstandenen Schäden ausgleicht und nicht diejenigen, die sich einer vernünftigen Bestandsregulierung widersetzen.
Deswegen schlage ich vor, dass diejenigen Parteien und Verbände, die dies verhindern, aus ihrem eigenen Säckel die Millionenkosten ersetzen, die bisher entstanden sind und wohl auch weiter entstehen werden. Ich frage mich auch, woher die Hirtenhunde kommen sollen, die diese Schäden zumindest in Teilen verhindern können, wenn die Population des Wolfes unter dem derzeitigen Schutz weiter steigen wird.
Rolf Keller
RC Ehingen-Alb-Donau
Zum Titelthema "Wolfsland", Heft 1/2024
Fast übereinstimmend zeigen Befürworter und Gegner des Wolfes in unserem Land im Grunde Sympathie für dieses kluge, anpassungsfähige und in mancher Hinsicht bewundernswerte Raubtier. Man würde ihm in unserem Land gerne – in verminderter Zahl – eine Heimstatt einräumen, aber das ist wie so vieles hierzulande gleich
mit Ideologie befrachtet und verhindert so leicht eine sachgerechte Diskussion.
Ein oft und geradezu begeistert vorgebrachtes Argument für den Wolf ist die angeblich durch sein Auftauchen vermehrte Artenvielfalt. Man fahre einmal an einem schönen Frühlingstag mit dem Fahrrad durch das ländlich geprägte Münsterland. Man fährt heute durch einen Hohlweg von mannshohem Mais, dessen Felder sich bis an den Horizont ausdehnen. Dazwischen gelegentlich kurz geschorene Grünflächen, die, immer wieder gedüngt und gemäht, kaum als Wiesen zu bezeichnen sind.Dort trillert keine Lerche mehr in der Luft, es flattert keine Goldammer oder Bachstelze über den Weg, gar von Rebhühnern ganz zu schweigen. Über den Maisfeldern kreist kein Bussard mehr. Auf den Grünflächen flattert kein Schmetterling, dort zirpt keine Grille, hüpft keine Heuschrecke, summt kein Käfer. Dort wächst ja auch keine Blume mehr.
Fährt man dort durch´s Land mit dem Auto, klebt eben kaum mehr ein Insekt an der Scheibe – so finden auch die Vögel keine Nahrung mehr. Der Kuckuck im Wald findet keine Nester mehr, in die er sein Ei legen könnte. So ist auch er verstummt.
Aber dafür haben wir – neben massenhaft Wildschweinen – nun den Wolf. Wildschweine sind wehrhaft und nicht ungefährlich – also ernährt sich der Wolf lieber von Schafen, Kälbern und auch großen Kühen, weil das einfacher und müheloser für ihn ist. Dem Bauern wird der Schaden durch Subventionen, die der Steuerzahler aufbringt, ersetzt. Aber ist das wirklich „Artenvielfalt“, und soll man sich darüber freuen?
Peter Kober
RC Gevelsberg
Zum Titelthema "Wolfsland", Heft 1/2024
Der Wolf, in Deutschland schon fast eine heilige Kuh, ist ein typisches Beispiel unserer Überflussgesellschaft. Warum haben ihn unsere Vorfahren eigentlich ausgerottet? Weil er die Existenz der Menschen
bedroht hat, indem er ihre Nahrungsgrundlage zerstört hat. Aber wir sind heute viel klüger. Wir diskutieren über 1,20 Meter hohe Elektroschutzzäune, obwohl der Wolf auch 1,80 Meter hohe Zäune überwindet. Wie soll man in Regionen, in denen man mit Schafen Täler freihält oder Deiche beweidet, diese Zäune ständig umsetzen? Dazu schränkt man den Raum für das Wild ein und erleichtert dem Wolf die Jagd. Egal, wir bekommen Wildfleisch – vermutlich klimaneutral – mit Kühlschiffen aus Argentinien oder Neuseeland.
Übrigens haben Wölfe längst gelernt, dass Schüsse auf der Jagd nicht ihnen gelten, sondern Beute bringen. Mit Hunden wird man nicht mehr jagen können, weil der Wolf auch Hunde greift. Ein Wolfsrüde hat deutlich mehr als 40 Kilogramm. Und weil er meist im Rudel jagt, ist er jedem Jagdhund überlegen. Für die Herden werden Herdenschutzhunde gefordert, die, weil sie bellen, nach Gerichtsentscheiden nachts eingesperrt werden müssen!
Eigentlich wissen alle, dass im dicht besiedelten Deutschland mit der höchsten Wolfsdichte in Europa Wölfe reduziert werden müssen. Aber ein Schütze, der mit Genehmigung einen Wolf geschossen hat, wird terrorisiert. Alles bekannt. Es wird nicht mehr lange dauern, bis ein Mensch angefallen wird. Dann kommt der große Aufschrei.
Bertram von Nesselrode
RC Grevenbroich
Zum Titelthema "Wolfsland", Heft 1/2024
Mit großem Interesse habe ich Ihre Berichte zum Thema „Wolf“ gelesen. Mein Wohnort Lüdenscheid ist seit kurzer Zeit zum Wolfsgebiet erklärt worden. Damit besteht für Landwirte und Tierzüchter die Möglichkeit, Finanzhilfen für die Errichtung von Herdenschutzmaßnahmen zu bekommen. Allerdings halte ich diese Maßnahmen für Augenwischerei. Die Betroffenen bekommen zwar das Geld für die Zäune, eine Erstattung der Arbeitsleistung gibt es aber nicht. Die Zäune sind nur 1,20 Meter hoch. Wie Sie selbst schreiben, kann der Wolf da einfach drüberspringen. Unsere Topografie mit Bächen, Wäldern und Wiesen, Bergen und Tälern lässt es kaum zu, einen sinnvollen Schutz zu errichten. Meines Erachtens ist es völlig absurd, dass wir zwar von Tierzüchtern erwarten, dass die Weidetiere wieder naturnah im Freien leben, um sie dann wieder einzuzäunen.
Der Wolf ist ein gefährliches Raubtier. In unberührten Weiten ist eine Besiedlung sicherlich sinnvoll. Aber hier bei uns in dicht besiedelten Gegenden macht das keinen Sinn. Die Kosten, die wir für den Wolf aufbringen (Wolfsberater, Zäune, DNA Prüfungen, Kostenerstattungen) gehen in die Millionen. Dieses Geld ist in Zeiten knapper Haushalte sicher besser aufgehoben. Der Wolf muss bejagt werden und die Population deutlich reduziert. Im Übrigen finden sich mittlerweile immer weniger Schafszüchter in Niedersachsen, da die Kosten untragbar sind. Dadurch leidet auch die Deichsicherheit. Die Autoren, die in Ihrer Zeitschrift eine Ode an den Wolf singen, scheinen selbst eine seltsame romantische Affinität zu hegen. Ich weiß nicht, wie eine „Tierpsychologin“ arbeitet. Aber ich stelle es mir nicht schön vor, wenn Schafen das Gedärm herausgerissen wird und diese stundenlang elend verenden. Aber bei diesen Hobby-Tierfreunden scheint es eben Tiere erster und zweiter Klasse zu geben.
Ralf Schwarzkopf
RC Lüdenscheid
Zum Titelthema "Wolfsland", Heft 1/2024
Die Karte mit den Wolfsvorkommen (Rotary Magazin 1/24, S. 39) taugt nichts. Denn es wird nicht aufgeschlüsselt, wie viele Wölfe ein Rudel enthält. Die offiziellen Stellen halten sich hier bedeckt, um den Anschein einer niedrigen Wolfspopulation vorzutäuschen. Dem Thema gerechter gewesen wäre es zudem, wenn nicht nur zwei wolfsfreundliche jagende Journalisten (Fuhr & Hespeler) zu Wort gekommen wären, sondern auch der Deutsche Jagdverband (DJV).
Rolf Roosen
RC Koblenz
Zum Titelthema "Wolfsland", Heft 1/2024
Deutschland braucht Zuwanderung. Das hatte sich offenbar schon vor geraumer Zeit auch unter Wölfen herumgesprochen. Also kamen sie hoffnungsvoll über unsere Grenzen. Nun ergeht es ihnen nicht besser als anderen Migranten, die feststellen mussten, dass so eine Willkommenskultur nach einer Weile zu bröckeln beginnt, besonders, wenn viele meinen, dass diese überhandnähmen.
Wenn dann noch unerwünschte Ereignisse auftreten, wie das Fressen von Nutztieren und das Herumlungern in der Nähe menschlicher Behausungen, ist es schnell vorbei mit der Toleranz. Dabei wusste nun wirklich jeder, der nur das geringste von biologischen Wachstumskurven versteht, wie sich das mit der Zahl der Wölfe so entwickeln würde. Schließlich haben diese außer Autofahrern bei uns keine natürlichen Feinde. Und je besser die Schäfer ihre Tiere schützen, desto mehr erhöhen sie den Selektionsdruck zu immer schlaueren Wölfen. Auch ist nicht jeder, der ein paar Schafe oder ein Pony hat professioneller Tierhalter, der Herdenschutz sinnvoll betreiben kann.
Und irgendwann werden Wölfe auch ohne den Tipp von Reineke Fuchs herausfinden, dass es in der Nähe menschlicher Behausungen reichlich zu Fressen gibt, seien es Abfälle, Haustiere oder deren Bewohner selbst. Der Mensch gehöre nicht in das Beuteschema des Wolfs, so hört man. Das kann der Wolf ganz schnell ändern. Wir sollen bloß nicht weglaufen, sondern uns groß machen, wenn er auftaucht, das würde ihn erschrecken. Nur braucht das mit dem Großwerden bei Kindern bekanntlich so seine Zeit.
Aber müssen wir deshalb gleich zur Flinte greifen? Wir sollten vielmehr überlegen, wie wir straffällig gewordene Wölfe einfangen und sie in sichere Herkunftsländer abschieben können. Um der Debatte die Schärfe zu nehmen könnte unser Bundespräsident vielleicht einen Satz sagen, wie: "Der Wolf gehört zum deutschen Wald".
Rainer Götz
RC Moers
Zum Forum-Beitrag "Ist die Documenta noch zu retten?", Heft 1/2024
In mancherlei Hinsicht kann Olaf Zimmermann zugestimmt werden: Die Documenta solle als Stiftung bürgerlichen Rechts organisiert werden, die Kunstfreiheit solle unangetastet bleiben, der Staat solle so wenig Einfluss wie möglich nehmen. Das ist durchweg überzeugend.
Zimmermann beklagt die Öffnung der „d15“ für Künstlerkollektive, deren Werke für den Kunstmarkt ungeeignet seien. Dabei verkennt er – der selbst Teil des Kunstbetriebes ist, den er als „eingeübte Verwertungskette
bildender Kunst“ bezeichnet – den besonderen Charme der Documenten, die von Anfang an und von wenigen Ausnahmen abgesehen bis heute nur eine Autorität kennen: den interessierten, neugierigen, aufgeschlossenen,
international orientierten und das Privileg der Freiheit genießenden Besucher.
Niemand, kein Politiker, kein Kunsthistoriker, kein Kunstmarkt und keine Kirche oder andere Institution darf ihm Leitplanken seiner Wahrnehmung und seines Urteils vorgeben. In dieser geradezu phantastischen Umgebung der Freiheit konnten die Besucher bis dahin unvorstellbaren Zumutungen ausgesetzt sein; sie haben es – freilich zuweilen laut klagend und nach der Justiz rufend – akzeptiert und sind zur nächsten Documenta in noch größerer Zahl gereist. Immer wieder wurden Grenzen überschritten, Tabus verletzt und heilige vertrieben. Von solch toleranter Neugierde geprägt, haben wir mit der d15 den globalen Süden erwartet. Dabei war es keineswegs störend, dass unter anderem auch Werke von Künstlerkollektiven ausgestellt wurden, was Zimmermann zu Unrecht beklagt.
In diese Erwartungshaltung platzte das Antisemistismusdebakel. Die bis dahin so sehr geschätzte offene Struktur der Documenta bot keinen Rahmen, den losbrechenden Tsunami zu kanalisieren. Damit lief die Debatte zwangsläufig aus dem Ruder. Darüber ist viel geschrieben worden, das bedarf keines weiteren Kommentars. Zimmermann meint antisemitische Einflüsse verhindern zu können, indem er fordert, der Kurator oder die Kuratorin müssten verantwortlich sein für die ausgestellte Kunst. Das wäre ein Paradigmenwechsel im System der Documenten, das jegliche Art von Aufsicht kategorisch ausschloss und damit wieder auf die Wahrnehmungs – und Urteilskraft der Betrachter als einzig maßgebendes Kriterium verwies. Das war großartig und muss erhalten werden! Zum Schluss: Könnte es nicht sein, dass wir Besucher der Documenta selbst in der Lage sind, plumpes antisemitisches Machwerk als solches zu erkennen und uns davon abzuwenden und dies den Machern der Documenta ins Stammbuch zu schreiben?
Arndt Overlack
RC Heidelberg
Zum Forum-Beitrag "Ist die Documenta noch zu retten?", Heft 1/2024
Der Artikel von Herrn Zimmermann beleuchtet einen – den auf den Kunstbetrieb bezogenen – Aspekt der Diskussion über die Documenta 22 und Antisemitismus in der Kunst.
Der aus meiner Sicht aber wesentlichere Aspekt ist der Umgang in unserer Gesellschaft mit all diesen Themen. Das ursprünglich eben nicht antisemitische Kunstwerk, auch wenn es Bilder enthält, die zumindest nach deutscher (westlicher?) Definition antisemitisch sind, hätte Ausgangspunkt für fruchtbare Diskussionen sein können. Unsere Reaktion darauf bewegt sich aber eher in Verdrängen und Abhängen bis hin zu einer Art Zensur, anstelle der sinnvollen Diskussion und Auseinandersetzung mit dem Thema.
Um wieviel einfacher und sinnvoller wäre das damals gewesen, als die Randbedingungen noch nicht durch die aktuellen Gewaltausbrüche in Israel so emotional waren.
Ich hoffe auf eine Documenta 27, die den kritischen Diskurs wieder anregt und ermöglicht – und auf ein gesellschaftliches Umfeld, dass das erträgt und fördert.
Klaus Rümler
RC Singen
Zum Titelthema "Israel – Zwischen Trauer und Hoffnung", Heft 12/2023
Das tausende Jahre währende Talionsprinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ der beiden abrahamitischen Religionen hat bisher alle Friedenshoffnungen zunichte gemacht. Insofern ist diesbezüglich Skepsis angebracht. Jede aktuelle Gegenwart hat ihre historische Ursache. Dazu gehört, dass in der öffentlichen Debatte auf keinen Fall unterschlagen werden darf, dass die Araber den Uno-Beschluss vom November 1947, der eine Zweistaatenlösung vorsah, rigoros abgelehnt haben.
Die Ablehnungsfront wurde von dem glühenden Antisemiten, dem Großmufti
von Jerusalem, Mohammed al-Husseini (Mitglied der SS), in der gesamten arabischen Welt organisiert. Wobei seine antisemitischen Aktivitäten schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts weite Verbreitung fanden und die heutige antisemitische Grundhaltung in der muslimischen Welt als strukturelle Matrix abbilden. Dies wissen die Linken nicht, beziehungsweise verleugnen sie es. Daher auch das Zaudern und Zögern, eine klare proisraelische Haltung einzunehmen. Auf diesem historischen Hintergrund ist der Holocaustvergleich der israelischen Regierung folgerichtig. Dies nicht zu wissen, bedeutet nämlich, angesichts der Bilder aus Gaza auch den im Abendland verdrängten strukturellen Antisemitismus wieder aufleben zu lassen.
Etwas Hoffnung gegen den Jahrhunderte währenden beid- seitigen Hass sehe ich im
Aufbau einer gemeinsamen Spiritualität, jenseits der religiösen Vorgaben von Judentum, Islam und Christentum.Aber nur etwas. Dies könnte eine rotarische Initiative für Deutschland sein, weil es in unsere Wertvorstellung passt.
Werner Dinkelbach
RC Remagen-Sinzig
Zum Standpunkt "Darf man bei Rotary offen sprechen?", Heft 12/2023
Das sind erfreulich tiefgründige Gedanken zu einem wichtigen Thema: Freimut statt „cancel culture“. Was brauchte unser Zusammenleben, unsere aktuelle demokratische Gesellschaft dringender als eine zivilisierte Kommunikationskultur, wenn die Automatik von Wirtschaftswunder und Weltfrieden nicht mehr funktioniert? Getreu der rotarischen Frage: „Will it be beneficial to all?“ Das setzt aber eine eingeübte „Zivilisation“ voraus und die Akzeptanz, dass es mehr als nur die eigene Wahrheit gibt. Nicht zuletzt entsteht nach alter abendländischer Ansicht eine tragfähige „Synthese“ erst aus dem Zusammenführen von „These“ und „Antithese“. Also – volle Zustimmung zum Aufschlag von Rainer Hank.
Michael Haupts
RC Bocholt
Zum Forum-Artikel "Daas Kino darf nicht sterben", Heft 12/2023
Ein Artikel, der Fragen stellt und nicht beantwortet. „Die Feinde des Kinos“, ich kann Ihnen garantieren, die gibt es nicht! Es gibt auch keine Feinde des „Tante-Emma-Ladens“ und auch keine Feinde der „Kneipe an der Ecke“. Was wir jetzt schon nach den Beerdigungen wissen: Wir vermissen die Verstorbenen.
Im Grunde ist es immer das Gleiche, Kommunikation geht verloren. Besser gesagt, Möglichkeiten der Kommunikation gehen verloren. Mit einem leeren Stuhl kann man keine Freundschaft schließen. Muss ich mich den technischen Möglichkeiten komplett unterwerfen? An manchen Stellen ganz bestimmt.
Da, wo Herz, Seele und Verstand vereint sind, da bedarf es der Gemeinsamkeit. Genau das ist Kino. Das darf nicht sterben, auch nicht weiter geschwächt oder verletzt werden. Verlierer sind wir
alle, besonders die mit den Masken auf den Gesichtern. Dafür lohnt es sich zu engagieren, was ich hiermit tue.
Leo Stürtz
RC Aachen-Nordkreis
Zum Leserforum, Heft 12/2023
Im Rotary Magazin vom Dezember 2023, Seite vier, geht Herr Detlev Walker vom RC Baden-Baden-Merkur auf den Umgang mit Toten im Zusammenhang mit den derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der
Ukraine und Russland ein.
Die Aussage „Auch der jetzige schändliche Umgang der russischen Führung mit den Toten spricht Bände“ will
ich so nicht im Raum stehen lassen. Auch auf russischen Friedhöfen werden die Gefallenen mit Würde und Namen bestattet. Ich bin gern bereit, entsprechende Grabstellen zu zeigen oder Fotos beizubringen.
Um in der Ukraine als Gefallener beigesetzt zu werden, muss laut Gesetz eine pathologische Beschau stattgefunden haben und eine DNA und Blutprobe abgeglichen werden. Zahlreichen Gefallenen kann daher die letzte Ehre nicht erwiesen werden, da die gesetzliche Forderung nicht erfüllbar ist. Auch diese Seite sollte beleuchtet werden, um beide Seiten der Medaille zu sehen. Nebeneffekt ist, dass die Verantwortlichen auch für die Untoten noch Zuwendungen erhalten.
Nun komme ich zur Aussage, dass auf sowjetischen Kriegsdenkmälern keine Namen stehen. Auch dies ist eine Annahme, kein Fakt. Auf dem Kriegsdenkmal in Sawodoukowsk, Tyumener Gebiet, stehen Namen. Und wenn dort in der Liste der Namen elf Mal der gleiche Familienname untereinander steht, ist das kein Versehen, sondern ein Vater mit seinen zehn Söhnen. Durch das Dritte Reich wurde nicht nur der Holocaust betrieben mit bis zu 6,3 Millionen ermordeten Juden, sondern auch 17 Millionen sowjetische Zivilisten wurden ermordet.
Wenn an einem Ehrenmal, wie in Berlin-Treptow, keine Namen stehen, sehe ich es als Unterstellung an, dass nicht dem Einzelnen gedacht werden sollte. Über 7000 Gefallene haben dort ihre letzte Ruhestatt, und ich gehe davon aus, dass zum damaligen Zeitpunkt keiner in der Lage war, die persönlichen Daten zu erfassen und in Stein zu setzen.
Carsten Schwer
RC Görlitz
Wenn Freund Walker in seinem Text „meines Erachtens“ schreibt, dann bezeugt das schon seine Unkenntnis zu diesem Thema. Ich bin der Meinung, nur Dinge, die man ganz genau weiß, sollte man als Argument für seine Kommentare benutzen.
Ich möchte in dem Zusammenhang interessierte rotarische Freunde einladen, die Gedenkstätten für gefallene Soldaten in Brandenburg zu besuchen. Ich weiß nicht, wie im gegenwärtigen Krieg mit den Gefallenen auf beiden Seiten tatsächlich umgegangen wird, ich weiß aber, wie der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gedacht wurde und wird.
Daniela Böttcher
RC Bernau
Zum Titelthema "Erntedank" im Heft 10/2023
Für die Rotary-Ausgabe Oktober 2023 bedanke ich mich herzlich. Sie haben in ihr zur Jahreszeit passend „Erntedank“ zum Hauptthema gemacht, dazu ein treffendes Editorial geschrieben und auf den Seiten 32-49 ausgezeichnete Text- und Bildbeiträge veröffentlicht. Manches kirchliche Blatt, das mit dem Erntedankfest wenig mehr anzufangen weiß, wurde dadurch beschämt. Schon die einleitenden Gedanken auf Seite 32 sollten wieder in unserer Gesellschaft, die alles als selbstverständlich und mit wenig Dank hinnimmt, beherzigt werden.
Paul Geißendörfer
RC Ansbach
Zum Titelthema "Erntedank" im Heft 10/2023
Ich erinnere mich an meinen früheren Rotary Club, wo ein Freund die Meinung äußerte, das Rotary Magazin sei das Papier nicht wert, ... . Setze man die Ausgabe Oktober 2023 dagegen: eine Freude! Erntedank – welch ein Reichtum in Wort und Bild! Herzlichen Dank an Ideengeber und Mitwirkende!
Adalbert Kienle
RC Berlin-Gendarmenmarkt
Zum Titelthema "Erntedank" im Heft 10/2023
In einer Zeit des Überflusses wie bei uns im Westen, wo viel zu viele Menschen viel zu viel Geld haben, scheint es sehr sinnvoll, auch einmal Dankbarkeit zu thematisieren. Leider sind die Bilder dazu – durchweg nur „nature morte“ einzelner Naturprodukte – geradezu armselig. Das ist auch von einer Fotografin, die in einer hypermodernen 24-Millionen-Metropole lebt, nicht anders zu erwarten. Offenbar hat sie zugunsten der Kunst ihren Bezug zur Natur verloren. Lebendigen und fröhlichen Erntedank kann es nur in kleineren Gemeinschaften dort geben, wo man noch einigermaßen mit der Natur lebt.
Günther Wurzer
RC Wien-Donau
Zum Standpunkt "Sperrlisten für neue Kandidaten" im Heft 10/2023
Selten, zum Glück sehr selten, habe ich im Rotary Magazin etwas derart Unrotarisches gelesen: bei der „Kandidatenjagd“ gilt das „Windhundverfahren“, gerade so, also ob es darum ginge, beim jährlichen Tannenbaumschlagen im nächstgelegenen Wäldchen nach dem Startschuss schnell sein Fähnchen am schönsten Bäumchen festzumachen, um letzteres dann in Ruhe abzusägen.
Das in der Oktober-Ausgabe des Rotary Magazins – augenscheinlich auch noch mit Stolz – beschriebene Treiben der Dortmunder Clubs fällt meines Erachtens gleich bei drei von vier Fragen der rotarischen Probe durch: Es ist nicht fair für alle Beteiligten, es wird nicht Freundschaft und guten Willen fördern und es dient nicht dem Wohl aller Beteiligten.
Schon die Sprache des Berichts ist erschreckend, um nicht zu sagen abstoßend: „Der frühe Vogel fängt den Wurm – bei Rotary wie im echten Leben“? Neue Freunde werden also wie Würmer gefangen, warum werden sie nicht gleich schanghait? Was für ein schiefes Bild.
„Leider sind diese Regularien für die neun Dortmunder Lions Clubs nicht bindend“ – leider? Ich möchte sagen: zum Glück! Hier wird über Menschen wie über Sachen geredet – wer sie zuerst findet, darf sie behalten. Sicher eine gute Basis für eine lebenslange Freundschaft. Wenn sich jemand für die Idee eines Serviceclubs begeistert, wäre es fair, würde Freundschaft und guten Willen fördern und diente dem Wohl aller Beteiligten, wenn diesem jemand alle in Frage kommenden Serviceclubs offen stünden, auf dass beide Seiten – Interessent und Club – prüfen können, ob es, eben zum Wohl aller Beteiligten, passt.
Statt Sperrlisten anzulegen, sollten lieber Einladungslisten ausgelegt werden: „Schön, dass Sie bei uns waren – am Dienstag tagt übrigens auch Club x und am Mittwoch Club y, schauen Sie doch gerne auch dort einmal vorbei“. So hätte der Interessent ein kompletteres Bild der örtlichen Clubs, könnte sich dann bewusst für einen Club entscheiden (so dieser ihn denn auch will) und würde nicht später erfahren, dass er vom „frühen Vogel gefangen“ wurde.
Ulrich Kreutzer
RC Duisburg Rhein-Ruhr
Zu den Polen-Beiträgen im Forum, Heft 10/2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
mir ist bewusst, dass das Rotary Magazin im Leserinteresse (?) einen bunten Strauß von Themen in einem Heft bündelt. Die Jahre sind vorbei, in denen ein Thema aus mehreren Blickwinkeln beleuchtet und bearbeitet wurde, bis man des "Pudels Kern" freigelegt hat. Ich vermisse diese Form des Journalismus, wie sie Der Rotarier pflegte. Aber das ist ein weites Feld.
Wenn Themen wie die Wahl in Polen derart angerissen werden, wie das in Ihrer Ausgabe 10/2023 mit den beiden Artikeln geschieht, kann sich leicht der Eindruck festsetzen, die "polnische Seele" sei unergründbar und die Polen seien schon ein merkwürdiges Völkchen, vielleicht doch ein wenig zu dumm für die Demokratie… Sind nicht die extremistischen, national gesinnten antidemokratischen Bewegungen in unserem Land, in Ungarn, der Slowakei und in vielen anderen westlichen Demokratien Ausdruck eines größeren Zusammenhangs, den die Autorin Anne Applebaum in ihrem Buch "Die Verlockung des Autoritären" untersucht? Mir fehlt in Ihrem Artikel der Blick über den Tellerrand und ein Deutungsmodell.
Ich habe heute als Kontaktbeauftragter zum RC Krakau meinem dortigen Gesprächspartner aus Anlass der Wahl in Polen eine Nachricht geschickt, die das Verbindende und nicht das Trennende in den Vordergrund stellt: Die Polen sind das Volk, das sich im Einflussbereich der sowjetischen Herrschaft als erstes die Demokratie unter Opfern und Wagnissen erstritten hat. Sie waren gemeinsam mit "ihrem" Papst Johannes Paul II. Türöffner der Freiheit in den osteuropäischen Staaten und der DDR. Und sie zeigen heute bei der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen ein Maß an Hilfsbereitschaft das bemerkenswert ist. Das ist eine polnische Leistung, die wir bewundern und schätzen und die es gegen unwürdige Parteiwerbung der PiS zu verteidigen gilt.
Eckhard Groß
RC Bielefeld
Leserbrief zur RI-Erklärung Israel-Hamas
Der RI-Text zum Hamas-Überfall auf Israel spricht vom "Krieg zwischen Israel und Hamas" und vermeidet das Wort Terror. Was unterscheidet Krieg von Terror? Yuval Noah Harari nennt drei Punkte: "Das Ziel des Hamas-Angriffs war nicht die Eroberung und Besetzung von Gebieten. Hamas hatte nicht die militärische Fähigkeit, den Kibbuz angesichts der israelischen Armee lange zu besetzen. Um die Ziele der Hamas zu verstehen, sollten drei Dinge beachtet werden.
Erstens konzentrierte die Hamas ihre Angriffe weitgehend auf die Tötung und Entführung von Zivilisten und nicht von Soldaten.
Zweitens folterten und exekutierten Hamas-Terroristen Erwachsene, Kinder und sogar Babys auf die grausamste Weise, die sie sich vorstellen konnten.
Drittens: Statt zu versuchen, die Gräueltaten zu verbergen, sorgte die Hamas dafür, dass sie publik gemacht wurden, filmte einige der Gräueltaten sogar selbst und stellte die schockierenden Videos in die sozialen Medien."
Der Friedensappell von RI ist wohlfeil und geht an der Sache vorbei. Hamas will keinen Frieden, sondern wiegelt alle arabischen Muslime zur Feindschaft gegen Israel und damit gegen die freie Welt auf, von Beirut bis Neukölln. Es ist zu hoffen, dass es Israel gelingt, die Welt vom Terror der Hamas zu befreien.
Henning von Vieregge
RC Frankfurt/M.-Alte Oper
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Der Artikel von Herrn Viktor Hermann ist ein miefiges Ge- wölle, trifft die Situation nicht und lässt auf die Freundlichkeit des Autors schließen. Die katholische Kirche ist eine Gemeinschaft von Gläubigen, von fehlerhaften Menschen, die auf die Hilfe
Gottes hoffen. Wer ist schon fehlerfrei? Wir Menschen machen widerliche Fehler, sind falsch, bösartig und vieles mehr. Die römisch-katholische Kirche ist auch kein von Funktionären geleiteter Verein; der besteht noch im Restposten des Verbandskatholizismus, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das hoffent- lich bald aufgelöst wird.
Es gibt gute, überzeugende Initiativen, die allerdings kaum bemerkt werden. Es trifft zu, dass die jetzigen Kirchenstrukturen sehr schnell verschwunden sein werden. Sobald die dann bestehende Wüste erlebt wird, kann ein Neustart beginnen. Auf geht ́s – in Gottes Namen!
Hans Jürgen Arens
RC Emmerich
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Die Veröffentlichung dieses Beitrags im Rotary Magazin empfinde ich als ausgesprochen ärgerlich, weil ich ihn als plattitüdenhaft und im hohen Maße populistisch empfinde. Hier entleert sich ein Autor irgendwie gegen die Kirche und reiht Schlechtigkeit an Schlechtigkeit, die im Laufe von über 1000 Jahren tatsächlich oder angeblich von „der Kirche“, oder auch „von den Religiösen“ begangen worden sein sollen. Im trüben Niveau eines Stammtischbeitrags wird zwischen Geldgier, Kreuzzügen, Faschismus, Wissenschaftsfeindlichkeit, moralischer Überheblichkeit, Rassenhass und Kindesmissbrauch kaum etwas ausgelassen, was zur selbstgefälligen Suada gegen „die Kirche“ beziehungsweise „die Religion“ zu passen scheint. Dabei bleibt der Autor jegliche Differenzierung, historische Einordnung und auch nur halbwegs belastbare Präzisierung seiner Vorwürfe schuldig. Das beginnt schon mit der Frage, wen er eigentlich mit „der Kirche“ meint. Sind es die hauptamtlichen Mitarbeiter, die Amtsträger, die Ehrenamtlichen, vielleicht sogar die normalen Kirchenmitglieder? Ist es die Kirche einer bestimmten Konfession, eines bestimmten Landes, einer bestimmten historischen Epoche? Antwort: Fehlanzeige. Stattdessen modelliert der Autor lieber fakten- und differenzierungsfrei mit parolenhaften Versatzstücken aus der Geschichte an seinem zwar unpräzisen, im Ergebnis aber emotional höchst empörenden Feindbild von „der Kirche“ beziehungsweise „der Religion“. Wollte ich lernen, wie populistisches Schreiben funktioniert – hier hätte ich ein gutes Beispiel gefunden.
Ich habe nicht darüber zu spekulieren, warum ein Autor so etwas überhaupt zu Papier bringt, aber ich halte für un- strittig, dass er den von ihm angerissenen Themen von Religion, Werteorientierung, Emanzipation, Aufklärung, Kirche, gesellschaftliche und geistesgeschichtliche Entwicklungen et cetera nicht im ent- ferntesten gerecht wird.
Bisher habe ich das Rotary Magazin als eine Zeitschrift geschätzt, deren Beiträge in aller Regel von gutem inhaltli- chen und sprachlichen Niveau sind. Der genannte Beitrag des Herrn Dr. Hermann fällt hier weit aus dem Rahmen und ich würde mich sehr freuen, wenn zukünftig wieder auf mehr inhaltliches und journalistisches Niveau der Beiträge wert gelegt werden würde.
Friedemann Green
RC Eckernförde
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Den Ausführungen von Freund Hermann möchte ich als Anregung hinzufügen, noch konsequenter vorzugehen und weiteren bedenkli- chen kulturellen Ballast abzuwerfen. So sollte die Zeitrech- nung „vor“ und „nach Christi Geburt“ ebenso abgeschafft werden wie sämtliche christlichen und, nachdem der Autor auch die Gefährlichkeit des Al- ten Testaments entlarvt hat, jüdischen sowie natürlich alle sonstigen religiösen Feiertage.
Auch die antiquierte Wo-cheneinteilung durch den Sonntag müsste verschwinden. All dies könnte dann einer fle- xibleren, je nach ökonomischer Lage mit den Arbeitgebern frei verhandelbaren Zeitstrukturierung Platz machen.
Christoph Kugelmeier
RC Saarbrücken-St. Johann
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Der Autor hat fast alle Untaten der Kirchen aufgezählt. Doch der Zufall oder die Redaktion wollte es, dass in derselben Ausgabe des Magazins kundige Beiträge über Nordkorea zu finden sind, einem Staat, der religionsfrei, aber keineswegs von Freiheit bestimmt ist.
Manfred Kühn
RC Wiesbaden-Nassau
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Es besteht weitgehend Konsens, dass das Christentum beziehungsweise die christlichen Kirchen eine wichtige Basis der deutschen, österreichischen und europäischen Kultur und damit auch zentraler Ethik- und Moral- vorstellungen sind. Es ist das gute Recht des Autors, dies in Zweifel zu ziehen und für die Zukunft zu negieren.
Dass er der eigentlichen Fragestellung nicht nachgeht, sondern nur die in der Tat schrecklichen historischen Untaten und aktuellen Vergehen der Institutionen oder einzelner ihrer Mitglieder anprangert, zeigt eine extreme Einseitigkeit. Er übersieht dabei auch, dass der Begründer einer Moral/Ethik eventuell durchaus menschlich fehlen und unmoralisch handeln kann. Kant hätte ein Mörder sein können, trotzdem wäre seine Moralphilosophie mit der bekannten Lehre vom kategorischen Imperativ von Bedeutung.
Ich habe mich gefragt, ob dieser einseitige Beitrag, der mit keinem Wort das Positive der christlichen Tradition erwähnt, der rotarischen Neutralitätspflicht genügt.
Hans-Jürgen Möller
RC München
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Der Autor hat Recht und Un- recht zugleich: Selbstverständlich ist der Mensch stets ein moralisches und sogar religiöses Wesen. Wer nicht an Gott glaubt, tut dies oft in der Überzeugung, so zugleich ein aufgeklärterer, ja besserer Mensch zu sein.
Auf der anderen Seite braucht es etwas Zeit, um zu sehen, wohin sich säkularisierte Gesellschaften entwickeln. Auch dem unkirchlichen Menschen ist oft der Wunsch zu Eigen, moralische Gesetzmäßigkeiten für das Zusammenleben zu entwickeln. Freier wird es dadurch auf die Dauer nicht.
Andererseits wurden die größten Menschheitsverbrechen eben doch nicht von Christen begangen. Hitler war kein Christ, Stalin nicht, die Roten Khmer und weitere. Diese Reihe lässt sich fortsetzen. Spätestens mit der Aufklärung im frühen 19. Jahrhundert begann die Entkirchlichung in Europa. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gingen die meisten Protestanten nicht mehr in die Kirche. Es kam nicht von ungefähr, dass in dieser Zeit die pseudowissenschaftliche Naziideologie Raum fasste und nicht schon früher.
Den Kirchenausttritten, vielleicht auch den Missbrauchsskandalen voran ging die interne Entwicklung, dass viele Theologen in Jesus nicht mehr Gott gesehen haben, sondern nur noch den Menschen. Das „mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ wird bewusst in den Raum gestellt ohne Verbindung zu dem prophetischen 22. Psalm, den Jesus damit betete. Wer aber in Jesus Gott sieht, der sieht in Gott die Liebe, die Vergebung und die Freiheit. Er kann sich so immer aufs neue zu moralisch größeren Höhen als den Menschlichen aufschwingen. Eine Gesellschaft, die diesen Bezug dauerhaft verliert und mit Menschenrechten, Umweltschutz etc. nur die Früchte christlichen Strebens aus der Vergangenheit auf den Thron stellt, wird auch diese mit der Zeit verderben.
Martin Niewerth
RC Oldenburg-Ammerland
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Vordergründig und kurzsichtig sammelt Viktor Hermann in einem Rundumschlag alle Verfehlungen, die Kirchen, Religionen und letztlich vor allem die katholische Kirche in Rom im Lauf der Geschichte unzweifelhaft begangen haben, um ihnen pauschal die Kompetenz für Ethik und Moral abzusprechen. Eine Alternative dazu deutet er nicht einmal an.
Dem will ich einen Satz von Gregor Gysi aus einem Vorwort einer Broschüre von 2022 entgegenstellen, der erst betont, nicht an einen Gott zu glauben, dann aber sagt: „Es sind eben zur Zeit nur die Religionen wirklich in der Lage, grundlegende Moral- und Wertvorstellungen allgemein verbindlich in der Gesellschaft prägen zu können“. Für Hermann ist das „blanker Unsinn“. Es lohnt sich, über diese Frage etwas tiefer nachzudenken. Libertät liefert keine Maßstäbe.
Eugen Freiherr von Redwitz
RC Neuburg an der Donau
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
„Das ist blanker Unsinn!“ schreibt Autor Viktor Hermann zusammenfassend als seine Antwort auf die Frage, ob die Verdunstung des Glaubens in Deutschland den moralischen Niedergang in unserer Gesellschaft einläuten würde. Da wäre ich mir an seiner Stelle nicht so sicher! Auf zwei ganzen Seiten listet er ein umfangreiches Sündenregister von nicht nur christlichen Kirchenvertretern auf. Damit wird die hohe Zahl an Kirchenaustritten begründet. Was Hermann allerdings komplett verkennt, ist, dass keine einzige dieser individuellen Verfehlungen durch Befolgung der Zehn Gebote oder durch die Lehre und das Leben Jesu Christi gedeckt sind. Beispielhaft sei nur die eindeutige Haltung Jesu zum Stichwort Missbrauch zitiert: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde!“ (Matthäus 18,6). Ungewollt bestätigt Hermann mit seiner Analyse geradezu das Dostojewski-Zitat: „Ohne Gott ist alles er- laubt!“ Die Entfernung von Gott öffnet den Raum für die Sünde. Insofern sind genau diese Gottferne und der sich ausweitende Unglaube die Triebfeder für den moralischen Niedergang unserer Gesellschaft – wie Hermann eindrucksvoll mit seinen vielen Beispielen belegt.
Wo der Glaube an das Absolute geleugnet wird, stellt sich der Mensch selbst in den Mittelpunkt und es beginnt die „Diktatur des Relativismus“ (Benedikt XVI.). Dann kann Krieg gerechtfertigt werden. Die Lüge wird in der Politik salonfähig. Oder die Tötung der Schwächsten in unserer Gesellschaft – der Alten, Kranken und Ungeborenen – wird als Errungenschaft umdefiniert. Schöne Neue Welt! Was – ohne die rückbindende Kraft der Religion – den moralischen Niedergang in unserer Gesellschaft aufhalten könnte, dazu schreibt Viktor Hermann leider nichts.
Peter Scherkamp
RC München
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Wenn man wie Viktor Hermann den großen Rundumschlag vornimmt, ist das Risiko übergroß, im Pauschalen hängen zu bleiben. Es würde den Rahmen eines Leserbriefs sprengen, sich daran abzuarbeiten, zumal er kaum Neues mitteilt und seine Argumentation auf Theorien aufbaut, die mit der tatsächlich gelehrten christlichen Theologie nichts zu tun haben.
Vielmehr gilt es, auf ein prinzipielles Defizit hinzuweisen, das sich gerade in der Kritik an den christlichen Kir- chen häufig findet. Auch Hermann schaut von oben herab auf die Kirche – auch ihm fehlt der Blick von unten, aus den Stadtteilen und Dörfern, aus den Gemeinden und kirchlichen Vereinigungen. Nein, es ist nicht so, dass man das dort geleistete Ehrenamt einfach so ersetzen kann. Auch die vielfältigen Strukturen und sozialen Angebote nicht, von den Kindertagesstätten bis zu den Treffpunkten für Geflüchtete, von der Arbeit mit Wohnungslosen bis zu den vielfältigen kulturellen Veranstaltungen. Ja, dort sind nach wie vor viele Menschen unterwegs, deren freiwillige oder berufliche Arbeit viel mit ihrem Glauben und ihrem Menschenbild zu tun hat.
Es geht nicht um den Einzug der Unmoral, diese reißerische Position hilft nicht weiter. Aber es geht schon darum, dass einer Gesellschaft – gerade der kleinteiligen vor Ort – eine Menge verloren ginge ohne die Menschen, die ihre Arbeit für diese Gesellschaft auch im Lichte ihres christlichen Glaubens tun.
Stephan Schmickler
RC Bergisch Gladbach
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Der Ton macht die Musik. Die Musik besteht in diesem Beitrag aus Fakten, die in besonderer Weise mit der katholischen Kirche verknüpft werden. Der Ton ist die sehr untergriffige Art und Weise, in der diese Fakten präsentiert werden.
Wenn der galoppierende Mitgliederschwund eingegrenzt wird auf den Entfall der Kirchenbeiträge und die Kirche damit auf ein Geldbeschaffungsinstitut reduziert wird, dann ist diese Sichtweise sehr eindimensional. Wenn von „scheinheiligem Jammern“ und „atemberaubender Unterstellung“ gesprochen wird, bleibt der Autor jeden Beweis für diese Behauptung schuldig. Der Hinweis auf Dostojewski ist zwar nett, ist aber für die heutige Position der Kirche irrelevant. Der Hinweis auf das Alte Testament ist zwar sachlich richtig, aber, was der Autor davon für unsere Zeit ableitet, ist haarsträubend.
Viktor Hermann hängt sich dann auch noch das Mäntelchen scheinbarer Objektivität um, indem er auf „radikale Islamisten“ und die „angeblich so friedliebenden Buddhisten“ verweist. Seine Stoßrichtung wird dadurch nicht appetitlicher. Die Forderung nach Gleichstellung der Frauen hat vor 30 Jahren das Kirchenvolksbegehren in Österreich erhoben, bisher leider ohne Erfolg. Aber man sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass die katholische Kirche weltumspannend aktiv ist und auf Befindlichkeiten auf allen Kontinenten bedacht sein muss. Dass die Inhalte des Kirchenvolksbegehrens bis zum Jahr 2023 jederzeit wieder thematisiert werden, zeigt deutlich, dass Rom nicht „jegliche Kritik zum Verstummen brachte“. Ähnliche Forderungen werden übrigens auch auf anderen Kontinenten und in vielen Län- dern erhoben.
Begriffe wie „dogmatische Borniertheit“, „Scheinheiligkeit, Ausbeutung und sexueller Missbrauch“, „Unfähigkeit“ und viele andere mehr geben den Ton an, durch den dieser Artikel in die Gattung der Pamphlete einzuordnen ist. Schade, dass die Redaktion nicht irgendeinen berufenen Rotarier oder einen kompetenten Theologen eingeladen hat, eine Gegendarstellung im Interesse einer ausgewogenen Analyse abzudrucken. Dem Autor möchte ich anraten, den unmittelbar vor seinem Beitrag abgedruckten Beitrag über Nordkorea zu lesen. Das ist ein Beispiel dafür, wie die Welt ohne christliche Theologie auch aussehen kann.
Wolfgang Seitz
RC Linz
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023
Als Theologe und Psychologe hat mich natürlich das Thema sehr interessiert. Ich gebe dem Autor zu seinen sehr kritischen Urteilen über die Kirchen in vielem recht. Aber ich empfinde auch eine sehr große Einseitigkeit in seiner kritischen Analyse. Er kommt mir vor wie jemand, der ein mehrstöckiges Haus beschreibt, aber nur eine einzige Etage darin besichtigt hat.
Klar, hohe Moral und Humanismus gibt es auch außer- halb der Kirchen. Aber ich erlebe in der Kirche ein so hohes mögliches Potenzial an moralischen Werten. Man denke nur an die Bergpredigt im Neuen Testament. Wie viel Kraft und Impulse für ein Leben ohne Gewalt, für Frieden, Wertschätzung und Liebe unter den Menschen kann daraus für eine Gesellschaft geschöpft werden.
Aber auch da sehe ich ein frustrierendes Bild von gegenwärtiger Kirche. Sie beherbergt einen solchen Schatz! Aber auf dem Deckel dieser Schatztruhe haben sich zu viele kirchliche Amtsträger breit gemacht, um Macht zu bewahren und um zu verhindern, dass dieser Schatz in für ihre Augen unwürdige Hände, zum Beispiel Laien, ge- raten könnte. Es ändert aber nichts an diesem ungemeinen Potenzial der Kirche. Es gab und gibt Zeiten und auch Einzelne und Gemeinschaften, die dennoch zeigen konnten, was trotzdem an Kraft in den Kirchen stecken kann.
Sebastian Sonntag
RC Amberg-Sulzbach
Zum Forum-Beitrag "Vorbote der Unmoral oder Befreiungsschlag?", Heft 9/2023