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Grundsätze

Was heißt Mitte?

15.01.2011

CDU

Jeder muss seine Chance bekommen
Die Bundesrepublik war seit ihrer Gründung vor über 60 Jahren immer ein Land der Mitte. Die Bürger haben den politischen Extremen nie eine Chance gegeben. Das hat unserer Demokratie dauerhafte Stabilität gebracht.

Die Bürger verband dabei die Aussicht auf Aufstieg. Diese Perspektive war seit 1949 die Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und erklärt gleichzeitig die Orientierung der Bürger zur Mitte. Wer sich anstrengte, konnte etwas aus sich machen. Umgekehrt wurden die aufgefangen, die der Solidarität der anderen bedurften. Dieser Grundgedanke sollte uns auch heute leiten. Unsere Gesellschaft muss sich aber mehr denn je als Chancengesellschaft begreifen. Das christliche Menschbild, dem sich die CDU verpflichtet fühlt, sieht den Menschen als zur Freiheit geboren. Die Politik muss jedoch die Voraussetzungen schaffen, dass der einzelne seine Freiheit in der globalisierten Welt auch wahrnehmen kann. Eine gute Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung. Jeder muss seine Chance bekommen.


Volker Kauder,
Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

SPD

Mitte verloren?
Selbstverständlich haben wir auch die SPD um eine Stellungnahme gebeten. Doch leider war niemand aus der Führungsspitze von Fraktion und Partei zu einer Stellungnahme bereit.

Dr. Frank Walter Steinmeier,

Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag.


FDP

Eine Geisteshaltung

Die Mitte steht gegen Extreme, aber sie ist mehr als etwas zwischen links und rechts. Sie ist vor allem eine Geisteshaltung. Für sie sind Leistungsbereitschaft, Fleiß und Aufstiegswille keine Fremdwörter. Ihr Denken in Generationen und sozialen Zusammenhängen, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihr Fleiß, ihre Eigenverantwortung und ihr persönliches Engagement sind das Fundament unserer Gesellschaft. Es sind die Menschen der Mitte, die unsere Gemeinschaft stark machen. Sie kümmern sich um eine gute Ausbildung ihrer Kinder, sorgen für die Familie vor und leben Solidarität in der Gesellschaft. Bewusstsein für ihre Umwelt und ein ausgeprägtes Gefühl für Gerechtigkeit sind für die Mitte der Gesellschaft selbstverständlich.

Die Mitte steht im Zentrum liberaler Politik. Deshalb haben Arbeitsplätze für uns höchste Priorität. Unser Ziel ist ein leistungsgerechtes Steuer- und Abgabensystem und die Entlastung von Bürokratie und Regelwut. Die Mitte ist in den letzten Jahren geschrumpft, wir wollen sie stärken, weil sie die Gesellschaft stabilisiert. Die Mitte wird wieder wachsen, wenn man ihr den Spielraum zur Entfaltung gibt.

Birgit Homburger,
Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion


DIE LINKE

Auf Basiskonsens angewiesen

Die Mittelschicht schrumpft. Dieser Satz war vor wenigen Monaten noch einige Schlagzeilen wert. Seit vielen Jahren beobachten Soziologen und Ökonomen eine zunehmende Einkommenspolarisierung und eine Verkleinerung der Mittelschicht. Das ist ein Prozess, der bei mir wirklich Beunruhigung auslöst. Demokratische Gesellschaften sind auf die Existenz von Basiskonsensen angewiesen. Ein Konsens kann aber erodieren, wenn es nichts Verbindendes mehr gibt. Einkommenspolarisierung und Verkleinerung der Mittelschicht tragen eher dazu bei, unterschiedliche soziale Lagen einander zu entfremden. Welche lebensweltlichen Gemeinsamkeiten haben denn Langzeitarbeitslose und Bezieher von Niedrigeinkommen mit Superreichen? Dieselbe Gesellschaft kann für die einen den Grund von Dauerfrust und Ausbeutung bedeuten und für die anderen als Garant ihres Reichtums, ihrer Freiheiten und ihres Genusses erscheinen.

Ein Abschmelzen der Mittelschicht bedeutet Verlust an sozialem Zusammenhalt und führt zu Entsolidarisierung.

Dr. Gregor Gysi,

Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Bundestag.


BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN

Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen

Die gesellschaftliche Mitte ist heute sehr stark wertegeleitet und das verbindet sie mit uns Grünen. Es geht um solidarische Verantwortung und die Sorge um das Gemeinwohl. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ist ein Anliegen aus der Mitte der Gesellschaft. Die Menschen denken über den Tag hinaus und zeigen sich solidarisch mit Schwächeren. Sie wollen gut leben, aber natürlich nicht auf Kosten anderer oder auf Kosten der Umwelt. Die alten Rollenbilder werden inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft in Frage gestellt, heute sollen Frauen und Männer die gleichen Chancen haben. Das Modell der ökologischen Wirtschaft ist längst aus der Nische heraus, weil hier die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen. Green economy ist in der Wirtschaft das Wort des Jahres. Ich möchte diese Werte in konkrete Politik umsetzen. Das Klima schützen, die Globalisierung gerecht gestalten und allen Kindern eine gerechte Gesellschaft und eine gesunde Umwelt hinterlassen. Die Mitte denkt und fühlt grün.

Renate Künast,

Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.


CSU

Verantwortungsgefühl und Engagement

Die gesellschaftliche Mitte sind weder die polyglotten Großverdiener, die die Welt zu ihrem Spielfeld gemacht haben, noch die Transferleistungsempfänger, die auf ihr Randgruppenprivileg pochen. Die gesellschaftliche Mitte, das sind diejenigen, die nicht bei jeder Gelegenheit lautstark fragen, nach dem Staat rufen, sondern arbeiten und Steuern zahlen und den Sozialstaat finanzieren. Es sind die Menschen, deren Verantwortungsgefühl und gesellschaftliches Engagement, die Gesellschaft tragen. Wir müssen diese Mitte stärken. Die Mitte ist zwar die Mehrheit aber weil sie nicht lautstark auf sich aufmerksam macht, fast unauffällig. Deshalb muss sich die Politik stärker um sie drehen. Wer sich für andere einsetzt, sich engagiert, ohne nach staatlicher Unterstützung zu rufen, hat ein Recht darauf, dass seine Leistung auch vom Staat erkannt und anerkannt wird. Die Mitte muss wieder mehr in den Mittelpunkt des politischen Geschehens rücken, denn sie hat uns aus der Krise geholt.

Dr. Hans-Peter Friedrich,
(RC Hof-Bayerisches Vogtland) Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag.