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Festspiele 2024 – Porträt

Bruckner wäre ein guter Rotarier gewesen

Festspiele 2024 – Porträt - Bruckner wäre ein guter Rotarier gewesen
Thomas Königstorfer – mit einem dichten Programm zum Bruckner-Jahr weiter auf den Stufen des Erfolgs © Reinhard Winkler

Ein Jahr lang wird der 200. Geburtstag von Anton Bruckner gefeiert, besonders in Linz. Für den Kulturmanager Thomas Königstorfer ist das eine besondere Herausforderung

01.04.2024

Die 1. Sinfonie von Bruckner fasziniert Thomas Königstorfer ganz besonders. „Weil man da schon so viel heraushören kann, bis hin zu Zitaten von Rossini. Und weil es vor allem für die Streicher so ein mordsanstrengendes Ding ist, dass ich gerne ihre Gesichter beobachte, wenn sie wieder eine besonders schwierige Passage geschafft haben.“ Da wandelt sich der Kaufmann in ihm zum Musikliebhaber. Als Vorstandsdirektor der OÖ Theater und Orchester Gmbh ist er der Finanzchef eines, man kann es so nennen, Kulturkonzerns von beachtlicher Größe mit einem Jahresumsatz von rund 60 Millionen Euro. Zu diesem Konzern gehört neben dem Landestheater mit mehreren Spielstätten auch das Bruckner Orchester Linz. Ein Klangkörper, der es, wie Königstorfer nicht ohne Stolz anmerkt, zu hoher internationaler Reputation gebracht hat. Das relativ junge Orchester mit einem Frauenanteil von fast 50 Prozent wurde 2020 als österreichisches Orchester des Jahres ausgezeichnet, und heuer wurde Chefdirigent Markus Poschner mit dem „Special Achievement Award“ der International Classical Music Awards für die Gesamtaufnahme aller Bruckner-Sinfonien (gemeinsam mit dem RSO) prämiert.

Zwischen Kommerz und Kunst

Künstlerischer Erfolg freut natürlich auch den Kaufmann. Zumal gerade heuer alle Blicke darauf gerichtet sind. Aber der Manager hat mehr im Auge zu behalten. Das Landestheater, seit Jahrzehnten in einem, wie er es nennt, „geschwisterlichen Verhältnis“ zum Orchester, hat mehrere Bühnen für Oper, Operette, Schauspiel, Musical, Tanz und das Junge Theater und verkauft in unterschiedlichen Zielgruppen rund 300.000 Tickets pro Jahr. Kein Theater in der gesamten Schweiz schafft das, sagt er. Und das immerhin in der geografischen Mitte zwischen der Kulturmetropole Wien und der Festspielstadt Salzburg. Der Aufschwung kam mit der Eröffnung des Musiktheaters 2013 neben dem historischen Schauspielhaus.

Den Bau dieses Musiktheaters hätte Königstorfer schon ab 2000 begleiten sollen. Nach einer ansehnlichen Karriere beim ORF – vom anfänglichen Sportreporter und Moderator in Radio und Fernsehen bis hin zum Marketingleiter in der ORF-Generaldirektion in Wien – ereilte ihn der Ruf nach Linz, um mit seiner Marketingkompetenz als kaufmännischer Direktor den Neubau des Musiktheaters zu begleiten und zu vermarkten. Aber der wurde durch eine Volksbefragung erst einmal auf Eis gelegt und erst 13 Jahre später umgesetzt. In der Zwischenzeit hatte es Königstorfer wieder nach Wien verschlagen. Er wurde kaufmännischer Geschäftsführer des Burgtheaters und hatte kurz darauf erneut ein Riesenthema auf seinem Schreibtisch. Seine Vorgängerin war nach einem Finanzskandal entlassen worden, dann auch der künstlerische Direktor Matthias Hartmann, von Bilanzfälschung bis Untreue reichten die Vorwürfe. Königstorfer war nolens volens das Aufräumkommando. Es fehlten acht Millionen in der Kassa und auch das Finanzamt wartete auf große Beträge. An der Seite von Karin Bergmann als Direktorin gelang die Sanierung und Modernisierung des Betriebs. „Da haben alle an einem Strang gezogen“, erzählt er, „das Burgtheater ist eine große Familie, und das habe ich sehr genossen.“

2019 kam für den Vater dreier Söhne der Ruf zurück nach Linz, als Vorstandsdirektor des mittlerweile groß gewordenen Betriebs mit dem neuen Musiktheater. Konflikte mit den künstlerisch Verantwortlichen sieht er auch hier nicht. Er hat gelernt, das Kommerzielle mit dem Künstlerischen abzugleichen, auf Augenhöhe etwa mit dem Intendanten des Landestheaters Hermann Schneider, dem Chefdirigenten des Orchesters Markus Poschner oder Roma Janus, der Leiterin der Tanzsparte. Wenn man dem nach wie vor sportbegeisterten Allroundmanager tief in die blauen Augen schaut, gibt er trotz aller Begeisterung für Anton Bruckner zu, dass er privat durchaus eine Schwäche für Musical hat. Schon seit seine Frau noch bei den Vereinigten Bühnen Wien tätig war. Mittlerweile ist Musical ein Kernbereich in Linz geworden, in einem durch und durch „musiknarrischen Land“, wie er sagt, mit 500 Musikkapellen allein in Oberösterreich.

Dass Bruckner da heuer besonders gefeiert wird, versteht sich von selbst. Zumal Bruckners bombastisches Werk stilprägend auch für Hollywood war und bis heute in den Kinos nachwirkt. „Ein John Williams, der heute der Guru der Filmmusik ist, arbeitet ja immer noch in dieser Tradition“, erklärt Königstorfer. Und er sieht in Bruckners Leben und seinen sakralen Schöpfungen auch einen tiefen Humanismus. „Damit wäre der Komponist, hätte es damals schon Rotary gegeben, wohl auch ein guter Rotarier gewesen“, meint er. 

Hubert Nowack


Zur Person:

Dr. Thomas Königstorfer, RC Gmunden, Geb. 1966, studierte Wirtschaftsinformatik. Bis 1989 in verschiedenen Funktionen im ORF in Linz und Wien. Danach kfm. Direktor des Landestheaters Linz, 2013– 2019 kfm. Geschäftsführer des Wiener Burgtheaters, seit 2019 Vorstandsdirektor der OÖ Theater und Orchester GmbH.

anton-bruckner-2024.at
landestheater-linz.at
bruckner-orchester.at